Augsburg â¤" Mehr Bewusstsein in der deutschen und europäischen Politik für die Bedeutung einer eigenständigen europäischen Trägerindustrie forderte der Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament Markus Ferber anlässlich eines Besuchs beim größten deutschen Zulieferer für die Ariane-Rakete, der MT Aerospace AG in Augsburg.
„Wer wie die EU den Anspruch erhebt, Europa mit der Lissabon Strategie zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln, kann sich beim Raumtransport nicht von anderen Industriemächten oder sogar von Schwellenländern abhängig machen. Über die Tatsache, dass Infrastrukturen im Weltraum sowohl für die Sicherheit als auch für die ökonomische Zukunft unseres Kontinents mehr und mehr Schlüsselbedeutung bekommen, kann man nicht einfach hinweggehen. Für mich ist es â¤"vor dem Hintergrund der neuen Zuständigkeit der EU für Raumfahrt seit dem Lissabon Vertrag â¤" eine der spannendsten Fragen, ob es der ESA und den Mitgliedsstaaten im Rahmen der traditionellen ESA-Programme gelingt, die Weichen für eine starke, autonome europäische Trägerindustrie zu stellen oder ob auch auf diesem Feld der Raumfahrt in Zukunft die EU investieren muss."
Auf der Ratstagung der europäischen Raumfahrtagentur wird nächste Woche über die weitere Finanzierung der Serienproduktion der Ariane 5 entschieden.
MdEP Markus Ferber: „Ich hoffe, dass insbesondere Deutschland und Frankreich hierbei zu einem Konsens kommen, auf dem eine erfolgreiche Zukunft der europäischen Teilhabe am Raumtransportmarkt aufgebaut werden kann. Knapp 30 Prozent der Beschäftigten der deutschen Raumfahrtindustrie sind im Trägerbereich tätig. Dennoch habe ich manchmal bei der deutschen Raumfahrtpolitik den Eindruck, dass die Bedeutung der Trägerindustrie nicht vollständig wahrgenommen wird. Zwar besteht eine große Begeisterung für alle Arten von wissenschaftlichen Experimenten und Satellitenmissionen, die Notwendigkeit von Trägerraketen und die Perspektiven des Raumtransportmarktes werden jedoch übersehen und Technologiegewinne bei der Entwicklung und Produktion von modernen Trägerraketen unterschätzt."
Bundeswirtschaftsminister Brüderle hat Ende letzten Jahres die neue deutsche Raumfahrtstrategie vorgestellt. Die Entwicklung der deutschen Trägerindustrie steht dort nicht auf den ersten Positionen der Agenda.
MdEP Markus Ferber: „Ich begrüße es sehr, dass die Strategie unseres Landes für dieses Zukunftsfeld nun formuliert ist und auf dem Tisch liegt. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass den europäischen Trägerraketen und der deutschen Teilhabe daran mehr Gewicht zugemessen worden wäre. Dass gerade das Geburtsland der Raketentechnologie, das Vaterland Wernher von Brauns das technologische Potential und die zukünftigen Wertschöpfungspotentiale vernachlässigt, macht nachdenklich."
Die MT Aerospace und der Standort Augsburg sind für die Zeit, in der die Ariane 5 produziert wird, gut aufgestellt. Dieser nach 20 Jahren Produktionszeit ausgereifte Träger muss jedoch weiterentwickelt werden, um am Markt weiterhin erfolgreich zu sein. Zudem müssen die Grundlagen für die Beteiligung der MT Aerospace AG an Nachfolgeprojekten geschaffen werden.
MdEP Ferber: „Wer auf bald 30 Jahre Produktion für die Ariane-Raketen zurück blickt, wer durch die Fertigung der MT Aerospace in Augsburg geht und mit den hochqualifizierten Mitarbeitern spricht, der versteht erst, welches Knowhow hier angesammelt wurde und wie wichtig es ist, dass Deutschland und Augsburg auch an zukünftigen Trägerentwicklungen mitwirken. Augsburg muss seine Rolle als der Ort, an dem rund 10% des europäischen Trägers produziert werden, behalten und ausbauen. "
Eine gewichtige Position Deutschlands in der Trägerindustrie kann nur durch starke deutsche Unternehmen langfristig gesichert werden. Die Entscheidung darüber bestimmen die Unternehmen durch technologische und unternehmerische Leistung, trifft aber vor allem Deutschland mit seinen Finanzierungsbeiträgen im nationalen Raumfahrtprogramm und auf der Ebene der ESA.
MdEP Markus Ferber: „Die Fortführung des Ariane-Programms muss durch eine Reform der gegenwärtigen Strukturen und Bereitstellung von Finanzierungsbeiträgen, die die Vermarktung in einem subventionierten Umfeld ermöglichen, gewährleistet werden. In Zukunft sollten für europäische und nationale Vorhaben bevorzugt europäische Trägerkapazitäten genutzt und eine Strategie der Auftragsvergabe an Startanbieter außerhalb des EU Wirtschaftsraumes vermieden werden. Höchste Wirtschaftlichkeit und Rückfluss durch Steuern erreichen wir durch Inanspruchnahme europäischer Kompetenz und europäischer Wertschöpfung. Dass auch die USA ihre zivilen und militärischen Starts, die öffentlich finanziert werden, ausschließlich mit US Trägern durchführen, sollte uns zu denken geben. Von offenen, geschweige denn fairen Märkten kann in diesem Feld heute keine Rede sein."
Mit der Entwicklung einer neuen Oberstufe für die Ariane 5 wird möglicherweise das letzte größere Kapitel der Fortentwicklung diese Trägers aufgeschlagen. Frankreich drängt massiv auf einen Einstieg in die nächste Generation.
MdEP Markus Ferber: „Deutschland wird bei diesen Themen viel Geld investieren und letztlich â¤"richtigerweise- Frankreich auf dem Weg in eine neue Trägergeneration begleiten. Auf diesem Weg wird es darauf ankommen, sich nicht nur von Frankreich in Projekte drängen zu lassen, sondern auch aktiv eigenständig deutsche industriepolitische Ziele zu verfolgen. Wir sollten für unseren Beitrag bei der Zukunftssicherung des Trägerbereichs eine nachhaltige industrielle und technologische deutsche Teilhabe an Raumtransportprogrammen durchsetzen. Ziel sollte es dabei sein, die Position unserer deutschen Unternehmen und dabei vor allem auch der Augsburger Kapazitäten in dieser Phase orientiert an den Anforderungen der nächsten Trägergeneration deutlich auszubauen. Gute Möglichkeiten hierzu bieten entsprechende Ansätze im nationalen Raumfahrtprogramm. Frankreich macht uns auf einigen Feldern vor, wie man durch geschickte eigene Vorinvestitionen europäischen Rückfluss organisiert."
In diesem Jahr sollen vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou erstmals die russische Rakete Sojuz und der kleinere europäische Träger „Vega" starten und damit die Trägerlandschaft für Europa verbreitern.
MdEP Markus Feber: „Ich habe mich heute wieder einmal davon überzeugt, dass MT Aerospace Augsburg bereitsteht, seine Rolle als größter deutscher Entwicklungspartner für Trägersysteme und als europäisches Zentrum für Hochleistungs-Tanks und Strukturbaugruppen weiter auszubauen. Durch hohe eigene Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter erweitert das Unternehmen zielstrebig seine Kompetenzen. Meine Erwartung an die deutsche Raumfahrtpolitik ist es, dass wir unsere Unternehmen auf diesem Weg strategisch begleiten. Ich setze auf Weichenstellungen, die unseren Augsburger Raketenbauern nicht nur eine verbesserte Rolle in der Nachfolgegeneration der Ariane sichert, sondern auch eine Teilhabe bei zukünftigen Entwicklungen der Vega und einer möglichen europäischen Nachfolgegeneration der Sojuz ermöglicht."