„Mit der angestrebten Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof, wird der Rechtstaatsmechanismus erst einmal für absehbare Zeit auf Eis gelegt. Dieser Kompromiss ist eien Enttäuschung“, bewertet der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber den von der deutschen Ratspräsidentschaft ausgehandelten Kompromiss zum Budgetstreit, der beim heutigen EU-Gipfel von den Staats- und Regierungschefs abgenickt werden soll. „Der Kompromiss ist ein erhebliches Zugeständnis an Ungarn und Polen. Vom heutigen Gipfel muss deswegen zumindest das Signal ausgehen, dass der Rechtsstaatsmechanismus streng zur Anwendung gebracht wird, sobald er in Kraft ist“, fordert Ferber. Für den Europaabgeordneten ist klar: „Die Leitlinien der Europäischen Kommission zur Anwendung des Rechtstaatlichkeitsmechanismus dürfen diesen nicht noch einmal aufweichen. Andernfalls kann man sich die Mühe gleich sparen.“
Aufbaufonds: Es hakt nicht nur an Ungarn und Polen
Ferber betont jedoch, dass es zumindest beim Aufbaufonds nicht allein am bisherigen polnischen und ungarischen Veto hakt. Auch die Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission zur Wiederaufbau- und Resilienzfazilität, die das Herzstück des Aufbaufonds ausmacht, stecken derzeit in einer Sackgasse: „Die zentrale Frage der demokratischen Kontrolle ist noch immer nicht gelöst. Die Mitgliedstaaten wollen maximale Freiheit beim Geldausgeben und das Parlament daher aus allen Entscheidungen raushalten. Wenn die EU sich aber mit 750 Milliarden Euro verschulden soll, braucht es ein Programm mit klarem europäischen Mehrwert und parlamentarischer Kontrolle. Die Staats- und Regierungschefs müssen der Ratspräsidentschaft ein klares Mandat geben, um hier einen Schritt aufs Parlament zuzumachen.“
Brexit: Auf „No-Deal“-Vorbereitungen konzentrieren
„Von der Leyen und Johnson haben den Ball jetzt nochmal zurück an die Verhandlungsteams gespielt. Dieses Muster haben wir schon mehrfach gesehen, ohne dass dadurch spürbarer Fortschritt erzielt wurde. Die Verhandlungen drehen sich auf verschiedenen Ebenen im Kreise, ohne dass es merklich vorangeht“, kommentiert Ferber den Ausgang der gestrigen Beratungen zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem britischen Premierminister Boris Johnson. „Jetzt geht es nicht mehr um Höflichkeiten, sondern darum, am 1. Januar auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Wir müssen jetzt dringend die Vorbereitungen auf ein ‚No Deal‘-Szenario intensivieren. Sonst droht ein böses Erwachen. Vom Gipfel muss die klare Botschaft ausgehen, dass die EU auch dann vorbereitet ist, wenn es keine Einigung in letzter Minute gibt“, bilanziert Ferber.