"Der Wirtschaftsausschuss setzt ein klares Signal für mehr Transparenz und faire Unternehmensbesteuerung in der EU, während die Mitgliedsstaaten die Regeln verwässern wollen", so Markus Ferber zu den heutigen Abstimmungen im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments über den neuen Rechtsrahmen zu Steuervorbescheiden.
Um Gewinne zu verlagern und ihre Steuerlast zu verringern machen sich Unternehmen die Komplexität der Steuerregelungen in der EU und die mangelnde Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten zunutze. Durch aggressive Steuerplanung und missbräuchliche Steuerpraktiken gehen den öffentlichen Kassen Milliardenbeträge verloren. "Wir brauchen daher eine EU-weite, systematischere und verbindlichere Vorgehensweise beim Informationsaustausch über Vorbescheide."
Wirtschaftsausschuss fordert strenge Regeln
Die Mehrheit des Ausschusses folgt den Vorschlägen von Markus Ferber. Sein Bericht geht in vielen Punkten über den Vorschlag der EU-Kommission vom März hinaus: Nach den aktuellen Regeln können die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, ob und welche Informationen sie an Behörden in anderen Mitgliedsstaaten weitergeben. "Ein Austausch findet heute de facto kaum statt. Nationalen Behörden fehlen oft die notwendigen Informationen zu den Auswirkungen eines anderen Steuerregimes. Finanzämter sollen künftig verpflichtet werden, Informationen über Steuervorbescheide auszutauschen", so Ferber.
Ausdehnung des Anwendungsbereichs
"Das Europäische Parlament fordert die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf alle Steuervorbescheide und Verständigungsvereinbarungen und nicht nur solche mit grenzüberschreitender Dimension, wie es die Mitgliedsstaaten und Kommission planen. Das würde zu Abgrenzungsproblemen führen", warnt Ferber.
Ausschuss fordert sofortige Übermittlung der Daten
"Der Austausch der Informationen muss unmittelbar, nachdem der Bescheid erteilt oder die Vorabverständigungsvereinbarung getroffen wurde, erfolgen. Es gibt für mich keinen plausiblen Grund, warum die Daten monatelang in der Schublade verwahrt werden und nur unregelmäßig ausgetauscht werden sollen", so Markus Ferber. Der Europaabgeordnete kritisiert, dass die Mitgliedstaaten auch diesen Punkt verwässern wollen und nur alle sechs Monate die Daten an die Behörden übermittelt werden sollen.
Wettbewerbsrecht: Kommission muss Zugang erhalten
Kritik übt Ferber auch an dem Vorhaben der Mitgliedsstaaten, der Kommission den Zugriff auf die Daten der Steuervorbescheide zu verwehren: "Steuervorbescheide haben auch eine wettbewerbsrechtliche Dimension. Deswegen muss die Kommission selbstverständlich auch die Daten dafür nutzen dürfen, um Steuerdumping aufzudecken und zu überprüfen, ob die europäischen Beihilferegeln eingehalten werden. Warum wollen die Mitgliedsstaaten der Kommission den Zugriff auf die Daten der Steuervorbescheide verwehren? Gibt es etwas zu verbergen?", so Ferber.
Markus Ferber fordert abschließend, dass die Mitgliedstaaten im Kampf gegen Steuervermeidung endlich nachrüsten: "Durch aggressive Steuerplanung und missbräuchliche Steuerpraktiken gehen den öffentlichen Kassen Milliardenbeträge verloren. Jetzt haben wir die Möglichkeit daran wirklich was zu ändern. Die Mitgliedstaaten dürfen den ambitionierten Plan - einen fairen Steuerwettbewerb in Europa zu schaffen - nicht verwässern."
Hintergrund: Ein Steuervorbescheid ist eine Bestätigung durch Steuerbehörden gegenüber Steuerzahlern darüber, wie die Steuerschuld zu berechnen ist. Dies ist per se unproblematisch. Denn Steuervorbescheide können dazu dienen, Unternehmen die notwendige Rechtssicherheit und Klarheit über die steuerlichen Folgen komplexer unternehmensrechtlicher Entscheidungen zu geben. Probleme entstehen jedoch, wenn Steuervorbescheide erteilt werden, die aggressive Steuerplanungstechniken ermöglichen oder sogar dazu anleiten. Das Problem wird umso größer, wenn die Steuerbehörden eines Mitgliedstaates nicht erkennen können, dass die Steuerbehörden eines anderen Mitgliedsstaates Steuervorbescheide ausstellen, die aggressiven Steuerplanungstechniken Vorschub leisten.
In der Plenarwoche Ende Oktober in Straßburg stimmt das Plenum über den neuen Rechtsrahmen ab. Die Richtlinie soll bereits 2016 in Kraft treten.