1. Warum ist der Erhalt des KMU-Faktors eine gute Nachricht für die Wirtschaft?
Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft - sie schaffen Arbeitsplätze, investieren und sind oftmals tief in der Region verankert. Es sind aber gerade solche Unternehmen, die als erste darunter leiden, wenn sich das Finanzierungsumfeld verschlechtert. Darüber hinaus stehen KMU abseits des Bankkredits oftmals nur wenige Finanzierungskanäle offen. Entsprechend macht es Sinn, die Vergabe von Mittelstandskrediten durch den passenden regulatorischen Rahmen attraktiv zu machen.
2. Warum und in welchem Umfang macht eine Anhebung des Schwellenwerts Sinn?
Der derzeitige Schwellenwert ist sehr konservativ festgesetzt, um zu verhindern, dass gerade kleinere Banken ein zu großes Klumpenrisiko gegenüber einem einzigen Kreditnehmer haben. Unternehmen in der Wachstumsphase müssen aber oftmals größere Investitionen stemmen. Da kommt man recht schnell in die Nähe des Schwellenwertes. Entsprechend macht es durchaus Sinn, darüber nachzudenken, den Schwellenwert anzuheben.
3. Hat die EU-Kommission verstanden, dass allein mit der Kapitalmarktunion keine Verbesserung der Unternehmensfinanzierung in Europa erreicht werden kann?
Das hoffe ich sehr. Die Europäische Kommission sitzt leider manchmal dem Irrglauben auf, dass ein angelsächsisches Modell der Unternehmensfinanzierung eins zu eins auf Europa übertragen werden kann. Für mich ist stattdessen klar, dass die Kapitalmarktunion dazu beitragen muss, eine Vielfalt an Finanzierungskanälen bereitzustellen. Derzeit besteht eines der größten Finanzierungshindernisse leider darin, dass die klassische Finanzierung durch die Hausbank durch ein Regelwerk behindert wird, das dafür geschaffen wurde, das Gebaren von großen Investmentbanken in die richtigen Bahnen zu lenken. Deswegen ist für mich ganz klar: die Kommission muss viel mehr auf das Thema Proportionalität in der Regulierung setzen - dafür kämpfe ich schon seit Jahren.