Immer wieder steht der Vorwurf im Raum, die Kommission würde die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts bewusst so weit wie möglich auslegen. Der CSU-Finanzexperte, Markus Ferber hat Zweifel daran, ob die Kommission als oberste Währungshüterin wirklich alle Ihr zur Verfügung stehenden Instrumente effektiv einsetzt. Er wirft dem Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici vor, dass die Kommission politisch entscheide und nicht auf Basis des gemeinsamen Regelwerks und schon gar nicht auf Basis einer sauberen Analyse.
Problem: Wer kontrolliert die Kommission?
Als Beispiel nannte Ferber die Entscheidung zu Frankreich. Eigentlich sollte Frankreich schon 2015 die EU-Defizitgrenze einhalten. Doch die EU-Kommission gewährte dem Land noch einmal Aufschub bis 2017. "Das Problem ist, dass niemand kontrolliert, ob die Kommission die vereinbarten Regeln richtig anwendet", so der erste stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaft- und Währungsausschusses.
Vorwurf: Politisch unabhängige Instanz wird nicht beachtet
Der CSU-Europaabgeordnete erinnert daran, dass genau aus diesem Grund im Jahre 2011 die Stelle des Chief Economic Analyst der Europäischen Kommission geschaffen wurde. "Eine politisch unabhängige Instanz, die auf rein wissenschaftlicher Basis überprüfen soll, ob und inwiefern die Regeln des Stabipakts zur Anwendung kommen." Ferber prangert an, dass die Analysen und Einschätzungen nie das Licht der Öffentlichkeit erblickten, noch den Mitgliedern des Wirtschafts- und Währungsausschusses zur Verfügung gestellt werden. "Hier geht es um wichtige Einschätzungen, auch für unsere Entscheidungen als Europäisches Parlament."
Fehlende Transparenz
"Angesichts der Tatsache, dass Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Beginn seiner Amtszeit eine Transparenzinitiative angekündigt und sich explizit gegen undurchsichtige Entscheidungsprozesse ausgesprochen hat, verwundert mich dieses Vorgehen sehr", so Ferber. "Es drängt sich förmlich der Eindruck auf, dass Kommissar Moscovici bewusst unbequeme Analysen zurückhält, die ein viel entschlosseneres Vorgehen gegen einige Mitgliedsstaaten nahelegen würde."
Der CSU-Europaabgeordnete fordert Kommissar Moscovici auf, die Analysen und Einschätzungen des Chief Economic Analysts der Öffentlichkeit und den Mitgliedern des Wirtschafts- und Währungsausschusses zur Verfügung zu stellen.
Hintergrund: Die Entscheidung die Stelle eines Chief Economic Analyst der Europäischen Kommission zu schaffen, wurde unter dem damaligen Finanzkommissar Olli Rehn gefällt. <link http: ec.europa.eu archives commission_2010-2014 rehn documents external-link-new-window>Hier finden Sie den Beschluss der Kommission vom 27. Oktober 2011 (Artikel 7).