„EU-Wirtschaftskommissar Gentiloni gibt mit dieser Konsultation den Startschuss zur Aufweichung der europäischen Schuldenregeln“, warnt der CSU-Europaabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Markus Ferber, anlässlich der heute vorgestellten Überarbeitung zur Zukunft des Stabilitäts- und Wachstumspakts. „Gentiloni treibt ein Ziel: die Schuldenregeln aufzuweichen und diese Konsultation ist sein Vehikel dafür“, ist sich Ferber sicher. „Nur weil aus Berlin wegen der Koalitionsverhandlungen gerade kein Widerstand zu befürchten ist, heißt das aber nicht, dass bei der Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes jetzt alles geht.“
Lehren aus der Vergangenheit ziehen:
„In der Corona-Krise sind die Staatsschulden in vielen Mitgliedstaaten förmlich explodiert. Die Antwort darauf kann nicht lauten, die Schuldenregeln nun aufzuweichen“, erklärt Ferber. „Die Corona-Krise ist ausgestanden. Das heißt, dass wir auch haushaltspolitisch wieder auf den Pfad der Tugend zurückkommen müssen.“ Ferber warnt davor die Lehren aus der Vergangenheit leichtfertig wieder zu vergessen: „Die griechische Staatsschuldenkrise hat gezeigt, was passiert, wenn man über Jahre über seine Verhältnisse lebt. Die Eurokrise hat die gemeinsame Währung beinahe an den Rand des Kollapses gebracht. Ich bin erschüttert, wie schnell man diese bittere Lektion wieder vergessen hat.“
Inflation wird Finanzierungskosten treiben:
Der CSU-Finanzexperte warnt auch davor, angesichts steigender Inflationsraten die Gefahr steigender Zinsen nicht zu unterschätzen: „Noch sind die Zinsen niedrig, aber irgendwann wird die EZB die Leitzinsen wieder anheben und dann werden viele Mitgliedstaaten schnell ein Finanzierungsproblem bekommen.“ Ferber betont, dass die derzeit niedrigen Finanzierungskosten eigentlich ein Anreiz sein sollten die nationalen Haushalte zu sanieren: „Eigentlich hätten die Mitgliedstaaten zehn Jahre Niedrigzinsen dazu nutzen müssen, ihre Haushalte zu sanieren, aber in Frankreich und Italien hat man den Schuldenberg noch vergrößert anstatt ihn abzutragen.“
Keine zusätzliche Flexibilisierung notwendig:
Für Ferber haben die Ereignisse rund um die Covid-Krise gezeigt, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt hinreichend flexibel ist: „Wir haben bei den Fiskalregeln kein Flexibilitätsproblem, sondern allenfalls ein Vollzugsproblem.“
Keine Vorzugsbehandlung für „grüne“ Investitionen:
Kritisch sieht der CSU-Finanzexperte, Überlegungen, als nachhaltig eingestufte Investitionen von der Berechnung des Defizits auszuklammern: „Nur weil die Kommission den Green Deal ausgerufen hat, hat sich die Schuldentragfähigkeit in Ländern wie Italien und Frankreich keinen Deut verbessert. Eines ist aber klar: Schulden sind Schulden. Bevor die Finanzmärkte den Geldhahn zudrehen, werden sie nicht nachfragen, ob mit den Staatsausgaben nachhaltige Projekte finanziert wurden.“ Ferber warnt in diesem Zusammenhang auch vor Abgrenzungsproblemen: „Wenn wir anfangen, grüne Investments aus dem Stabi-Pakt rauszurechnen, werden wir uns noch wundern, was manche Mitgliedstaaten alles als „nachhaltig“ definieren.“