Die Panama Papers, Luxleaks und das aktuelle Beispiel Madeira haben gezeigt, dass es immer noch zu einfach ist, Geld in Steuerparadiese zu verschieben und Unternehmensgewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern. Diesen Praktiken hat die EU-Kommission eigentlich den Kampf angesagt. "Die EU kann nicht einerseits auf G20-Ebene strenge Regeln gegen Steuerdumping einfordern, aber andererseits den Betrieb einer Steueroase innerhalb der EU billigen - das passt einfach nicht zusammen", so Ferber.
Der CSU-Finanzexperte Markus Ferber fordert von der Kommission nicht nur Steuerparadiese in Übersee in den Fokus zu nehmen, sondern auch alle Steuerpraktiken innerhalb der EU auf den Prüfstand zu stellen. "Um glaubwürdig gegen Steuerflucht vorgehen zu können, müssen wir schon auch vor unserer eigenen Haustüre kehren", mahnt der CSU-Europaabgeordnete an, der auch Mitglied im Untersuchungsausschuss zu den Panama Papers ist.
Als "Skandal" bezeichnet Ferber, dass die Kommission bei innereuropäischen Steueroasen einfach wegschaue. "Der für Steuerfragen zuständige Kommissar Pierre Moscovici behauptet, dass es in der Europäischen Union keinerlei Steueroasen gäbe. Das aktuelle Beispiel rund um das Körperschaftssteuerregime Madeiras, mit extrem niedrigen Sätzen, belegt aber genau das Gegenteil." Den Versuch von Kommissar Moscovici, die Verantwortung auf die Mitgliedstaaten abzuwälzen, bewertet Ferber kritisch: "Die Kommission ist für die Durchsetzung europäischen Rechts zuständig. Hier muss sie auch liefern. Mit dem Finger auf andere zu zeigen, reicht nicht."
Beihilferechtlicher Freifahrtschein
Die portugiesische Autonome Region Madeira betreibt unter dem Stichwort des "Madeira International Business Centre" (MIBC) seit den 1980er Jahren ein gesondertes Körperschaftssteuerregime mit extrem niedrigen Sätzen. "De facto wird auf Madeira also mit Billigung der Europäischen Kommission eine Steueroase betrieben, die die Bemessungsgrundlage anderer Mitgliedstaaten systematisch untergräbt", so Ferber. "Die Generaldirektion Wettbewerb hat Madeira einen beihilferechtlichen Freifahrtschein ausgestellt", kritisiert Ferber. "Dieser Freifahrtschein muss auf den Prüfstand."
Hintergrund: In Madeira gilt ein reduzierter Körperschaftssteuersatz von 5%, sofern von dem betroffenen Unternehmen eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen geschaffen wird. Der Satz kann noch einmal halbiert werden, sofern sehr abstrakt formulierte Kriterien wie die Stärkung und Diversifizierung der regionalen Wirtschaftsstruktur erfüllt sind. Darüber hinaus können Unternehmen, die vom MIBC profitieren, auch einen Großteil von anderen Abgaben wie Grunderwerbssteuern oder kommunalen Steuern zurückerstattet bekommen.