Die EU-Finanzminister wollen heute beim ECOFIN-Treffen in Brüssel Änderungen der Amtshilferichtlinie zum automatischen Informationsaustauch beschließen. "Damit versucht der Rat beim Thema Unternehmensbesteuerung einmal mehr ein unbequemes Thema möglichst schnell vom Tisch zu räumen - dieses Schema haben wir bereits beim besseren Informationsaustausch bei Steuervorbescheiden gesehen. Der Vorgang zeigt einmal mehr, dass es die Mitgliedstaaten mit dem Kampf gegen unfairen Steuerwettbewerb nicht ernst meinen", kritisiert der CSU-Finanzexperte, Markus Ferber. Der Richtlinienentwurf ist Teil des Anti-Steuervermeidungspakets der Kommission von Ende Januar diesen Jahres, welcher auch die OECD-BEPS-Empfehlungen umsetzen soll.
Rat ignoriert Stellungnahme des Parlaments
Das Europäische Parlament hat dazu einen ambitionierten Zeitplan vorgelegt und plant eine Plenarabstimmung über die Parlamentsstellungnahme im Mai. "Trotzdem der Rat von Seiten des Parlaments offiziell darum gebeten wurde, mit der Behandlung des Themas zu warten, bis die Stellungnahme vorliegt, soll nun schon heute eine politische Einigung erzielt werden", so Ferber. "Dass der Rat die Parlamentsstellungnahme einmal mehr ignorieren will, ist nicht nur schlechter Stil, sondern wird auch nicht zu einem besseren Ergebnis beitragen. Eine der zentralen Forderungen, die das Parlament beim Thema Informationsaustausch immer wieder gestellt hat, wird erneut nicht aufgegriffen: Nämlich, dass die Kommission Zugriff auf alle ausgetauschten Daten enthält, um gegebenenfalls auch beihilferechtliche Ermittlungen einleiten zu können. Dass der Rat die Kommission lediglich mit einem Überblicksbericht abspeisen will, reicht definitiv nicht aus."
"Auch der Umgang mit der Ratsarbeitsgruppe "Verhaltenskodex" zeugt davon, dass der Ministerrat keinen Wert auf mehr Öffentlichkeit und Transparenz beim Thema Unternehmensbesteuerung legt." Die eigentliche Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, die steuerlichen Maßnahmen zu beurteilen, die in den Geltungsbereich des Verhaltenskodex für Unternehmensbesteuerung fallen. "Aber angesichts von Luxleaks und Co hat sich die Gruppe bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Mehr Transparenz, dabei was die Arbeitsgruppe eigentlich tut, ist dringend geboten", so der Europaabgeordnete. Markus Ferber kritisiert, dass der Rat die Transparenz nun zwar etwas verbessern möchte, indem er die Gruppe öfter an den Ministerrat berichten lässt, aber das Europäische Parlament bleibe weiterhin außen vor. "Das passt in das Schema, dass das Europäische Parlament und damit die Öffentlichkeit außen vor gehalten werden soll."
Hintergrund: Gemäß des Kommissionsvorschlags sollen multinationale Unternehmensgruppen jährlich und für alle Steuerhoheitsgebiete, in denen sie einer Geschäftstätigkeit nachgehen, bestimmte Informationen zur Verfügung stellen und dabei insbesondere über die Höhe ihrer Erträge, ihre Vorsteuergewinne, ihre bereits gezahlten und noch zu zahlenden Ertragsteuern, ihre Beschäftigtenzahl, ihr ausgewiesenes Kapital, ihre einbehaltenen Gewinne und ihre materiellen Vermögenswerte Auskunft geben. Auf der Grundlage dieser Auskünfte können die Steuerbehörden schädlichen Steuerpraktiken durch Änderungen der Rechtsvorschriften oder angemessene Risikobewertungen und Steuerprüfungen begegnen. Eine erhöhte Transparenz sollte multinationale Unternehmensgruppen außerdem dazu bewegen, ihren gerechten Anteil am Steueraufkommen in dem Land zu zahlen, in dem die Gewinne erzielt werden.